Gesamtschüler laden Zweitklässler zum Lernspaß in die „Energiewelten“
Kartoffelkunde unterm Windrad
Saerbeck. Standard-Sättigungsbeilage und Hausmannskost? Diese Zuschreibungen werden der Kartoffel nicht gerecht, wen man sich ansieht, was Grund- und Gesamtschule beim herbstlichen Kartoffelfest aus dem Erdgewächs machen.
Das gilt in mehrfacher Hinsicht: pädagogisch, kulinarisch und als Lehr- und Lernerlebnis. Und es reicht vom Stich der Forke in die Erde des kleinen Ackers bis zum Verputzen der eigenen Ernte als Pommes, Puffer oder Salat. An zwölf Stationen lernen die zweiten Klassen der St.-Georg-Grundschule jedes Jahr die Knolle besser kennen. Eingeladen werden sie dazu von den Schülerinnen und Schülern der Mint-Klasse im Jahrgang acht der Maximilian-Kolbe-Gesamtschule (MKG). Die Abkürzung Mint steht für den Profilschwerpunkt der A-Klassen auf Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Der Kartoffelacker liegt zwischen Windrädern, Photovoltaik und Biogasanlagen im Bioenergiepark (BEP). Das Aktionsgelände ist der Naschgarten des Außerschulischen Lernstandorts „Saerbecker Energiewelten“. Die Achtklässler radeln von der Schule in den Park auf der Fahrradflotte der Klimakommune Saerbeck. Man kann das Kartoffelfest als ein Kondensat der Synergien und zusammengebrachten Möglichkeiten für Kooperationen in der Klimakommune sehen.
Für die Schülerinnen und Schüler des zweiten Grundschuljahrgangs ist das Kartoffelfest zuerst einmal ein Riesenspaß unter freiem Himmel. Sie beweisen Geschicklichkeit beim Löffel-Lauf, Sprintfähigkeit beim Sachhüpfen. Sie zeigen, was sie gelernt haben, beim Kartoffelquiz, greifen bei der Ernte mit den Händen tief in die Erde oder schmücken Stoffbeutel mit bunten Stempeleien. Gegen Hunger helfen Kartoffelpuffer vom Lagerfeuer, bei denen die Hauptzutat vom Acker in Sichtweite kommt und jeder Verarbeitungsschritt eigene Handarbeit ist.
„Ich finde es sehr gut, dass unsere Schülerinnen und Schüler in größerem Maßstab selbst Anbau betreiben“, sagt Bernd Josef Spaning. Für viele sei es der erste direkte Kontakt mit Landwirtschaft, erklärt der MKG-Lehrer und Zuständige für das Kartoffelfest, der selbst eine kleine Landwirtschaft betreibt. Neben dem Kartoffelacker experimentieren die Mint-Achter mit einer Bienenweide, versuchen es mit dem Kombi-Anbau von Mais und Bohnen, mit Kürbissen und auch mit der Energiepflanzen Elefantengras.
„Das hier ist besser als Referate“, ist sich Spaning sicher, sowohl für die MKG-Achter, die weitgehend selbstständig in die Rolle von Lehrenden schlüpfen, wie auch für Zweitklässler, die zu den älteren Schülern ein ganz anderes Verhältnis bekämen als zu Lehrenden. „Mit den Saerbecker Energiewelten und ihrem Außengelände haben wir phänomenale Möglichkeiten“, freut sich Spaning. Die nutzen die MKG-Achter ganzjährig und jede hochgerutschte Klasse immer wieder aufs Neue: Wer ernten will, muss rechtzeitig vorher pflanzen und pflegen.
Kommunikation und sozialer Austausch zwischen den Älteren und den Jüngeren liefen sehr gut, findet Jana Ottmann, Lehrerin in der aktuellen 8a. „Dieses Projekt ist eben nicht nur fachbezogen, sondern hat für die Schülerinnen und Schüler auch pädagogische Aspekte“, erklärt Maarten Willenbrink. Und die Kartoffelpuffer schmecken dem Leiter der MKG „ganz wunderbar“.
Angebunden an das Sachunterrichtsthema Obst und Gemüse sei das Kartoffelfest eine „total schöne außerschulische Lernerfahrung“ und darüber hinaus eine „super Sozialform“, bescheinigt Lia Feldmann, Klassenlehrerin einer der drei zweiten Klassen. „Die Achter machen das super“, lobt sie.
Ein Schatten fällt dann doch auf die Aktion. Die überdurchschnittliche Trockenheit im Sommer, die dem Klimawandel zugeschrieben wird, hat die Ernte geschmälert, berichtet Kartoffelfest-Organisator Bernd Josef Spaning. „Aber es reicht noch“. Und am Erhalt der ökologischen Lebensgrundlagen des Planeten arbeiten ja seit mehr als zehn Jahren ganz viele in der Klimakommune Saerbeck.
Bildzeilen (Fotos: Gemeinde Saerbeck)
Ernte auf eigenem Acker: Achtklässler der MKG und Zweitklässler der St.-Georg-Grundschule bei der Kartoffelernte.
Kartoffelpuffer braten auf dem Lagerfeuer im Naschgarten des Außerschulischen Lernstandorts "Saerbecker Energiewelten".
Amadea, Lina und Alina aus der 8a der MKG mit Kartoffelsalat aus eigener Ernte, der beim Kartoffelfest auf Zweitklässler von der Nachbar-Grundschule wartet.
Die Lehrenden Jana Ottmann, Bernd Josef Spaning und Lia Feldmann mitten im Kartoffelfest von MKG und StGG im Bioenergiepark am Lagerfeuer, auf dem die Kartoffelpuffer braten.